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„Vererben mit Verstand“: Wie man sein Testament vernünftig plant

Thyrnau. Die Wählergemeinschaft Thyrnau Kellberg hatte zu einem Vortrag über Erben und Vererben eingeladen. Wie sehr dieses Thema die Menschen bewegt, zeigte das rege Interesse. Über 100 Besucher waren in den Edlfurtnersaal in Thyrnau gekommen, als Gemeinderat und WG-Vorsitzender Sebastian Dillinger den Fachanwalt für Erbrecht Ralf Nieke begrüßte. Der Jurist und zertifizierte Testamentsvollstrecker ist seit über 20 Jahren Partner der Kanzlei Prof. Gerauer in Pocking. Als gefragter Referent gibt er seit langem Tipps für eine gute und sichere Nachlassplanung. In Deutschland, so der gebürtige Bonner, würden jährlich 400 Milliarden Euro vererbt, pro Todesfall durchschnittlich 400.000 Euro. Trotzdem habe weniger als ein Drittel der erwachsenen Bundesbürger ein Testament. Und die Hälfte davon sei mangelhaft formuliert oder veraltet, was oft gravierende Folgen habe: Zum Beispiel Verwandte, die man gar nicht beerben will, oder Erbengemeinschaften mit unterschiedlichsten Interessen, bei denen Streit vorprogrammiert ist. Der schlimmste und für die Erben oft teuerste Fehler sei es, kein Testament zu machen. Der Referent berichtete von einem Fall im nördlichen Landkreis, bei dem zunächst 54 Erben ermittelt werden mussten, ein Prozess, der gut 5 Jahre dauerte und 70000 Euro kostete. Daher sein eindringlicher Appell: Jeder Erwachsene sollte ein Testament machen, und zwar möglichst fehlerfrei.

Die meisten Ehepaare mit Kindern in Deutschland, die sich Gedanken über ihr Erbe machen, vertrauen auf das sogenannte „Berliner Testament“: Sie setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein, d.h. wer zuerst stirbt, wird vom länger lebenden Partner allein beerbt. Erst wenn der zweite Elternteil stirbt, erben die Kinder zu gleichen Teilen. Vorteil des „Berliner Testaments“: Eine ungewollte Erbengemeinschaft wird vermieden, der Ehepartner kann als Alleinerbe frei über das Vermögen verfügen. Dies zahlt sich insbesondere bei selbstgenutztem Wohneigentum aus. Als Nachteil kann sich erweisen, dass steuerliche Freibeträge verschenkt werden, zudem muss bei größeren Vermögen unnötig viel Erbschaftssteuer gezahlt werden.

Sein Tipp: klar festlegen, wer Erbe werden soll. Beim Umgang mit Rechtsbegriffen riet er zur Vorsicht: Vererben und Vermächtnis würden von Laien oft verwechselt. Außerdem warnte Nieke davor, vorgefertigte Muster zu verwenden oder den letzten Willen von einer KI formulieren zu lassen. Häufig machten auch Formfehler ein Testament ungültig, etwa wenn die Unterschrift nicht – wie der Name sagt – unten, sondern oben hingeschrieben werde. Oft werde auch viel zu lange mit der Regelung des Nachlasses gewartet. Auch unklare oder widersprüchliche Formulierungen führten häufig zu späteren Erbstreitigkeiten. Diese ließen sich von vornherein vermeiden, wenn man rechtzeitig miteinander spreche. Als „Fahrplan“ für mehr Gerechtigkeit und weniger Streit nannte er eine klare Kommunikation in der Familie, in der über Interessen, Bedürfnisse und die künftige Verteilung gesprochen werde. Eine professionelle Beratung sei immer gut, auch wenn sie etwas koste. Am Ende zahle sie sich aber immer aus.

Sebastian Dillinger dankte Ralf Nieke für den sehr informativen Vortrag und stellte in Aussicht, auch zukünftig wieder entsprechend interessante Themen für die Bürgerschaft zu organisieren.

Bericht & Foto: Dionys Asenkerschbaumer