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Nachgefragt: Alex Sagberger, alter und neuer Bürgermeister von Thyrnau

Thyrnau. Fast sieben Wochen ist die Kommunalwahl in Bayern vorüber, die Wahlergebnisse sind bestätigt, allenthalben konstituieren sich die neuen Gemeinderäte. Corona hat eine breite Öffentlichkeitsarbeit stark ausgebremst, Stammtische können sich nicht treffen, viele Informationen laufen über soziale Medien. Wie schätzt Alex Sagberger die Wahlergebnisse ein? Erstmals äußert sich nun der mit einer großen Mehrheit wiedergewählte Thyrnauer Bürgermeister zu seinem Wahlsieg (63,34%) und zum Erfolg seiner WG, der Wählergemeinschaft Thyrnau Kellberg. Sie hat überraschenderweise auch die Mehrheit der Sitze (7) im Gemeinderat errungen und so die CSU (6) überholt. Die Wahl der stellvertretenden Bürgermeister steht ebenso an wie die Besetzung verschiedener Ausschüsse und Posten. Im 16-köpfigen Gremium sitzt diesmal nur eine einzige Frau, anzahlmäßig sind mehr Kellberger als Thyrnauer vertreten. Alex Sagberger, der stark auf den Nachwuchs setzt, nimmt zu einigen dieser Themen Stellung.

Alex, Du wurdest fast mit einer Zweidrittelmehrheit wieder zum Bürgermeister gewählt. Wie überraschend kam das für dich?

Ich war mir lange nicht sicher, da in einer „Wahlkampfzeit“ sehr viele gut gemeinte Vorschläge, Tipps, Stimmen und vor allem Gerüchte zum sowieso sehr forderndem Tagesgeschäft auf mich als Bürgermeisterkandidaten hereinprasselten. Aber zum Schluss war ich mir fast sicher, dass die Wählerinnen und Wähler die Verbreitung von Anfeindungen ganz einfach satt hatten und haben. Noch am Vormittag des Wahltages hab ich zu meiner Familie gesagt, es werden mindestens 62,9%. Fast eine Punktlandung.

Die Wähler-Gemeinschaft Thyrnau Kellberg hat nach 24 Jahren die meisten Sitze im Gemeinderat und die CSU als stärkste Fraktion abgelöst. Wie war das möglich?

Ich bin der Meinung, dass das der Erfolg der guten Arbeit der WG als unabhängige Gruppierung ist. Vor 24 Jahren gingen wackere „Kämpfer“ für die Demokratie und für mehr Vielfalt in der gemeindlichen Politik gegen eine Übermacht von etablierten Kommunalpolitikern ins Rennen. Mit MaKo Pratter ist noch immer einer der ersten „anderen“ Gemeinderäten dabei, er machte mal eine Periode lang Pause. Am längsten war Hubert Wieninger mit vollen 24 Jahren Tätigkeit im Gemeinderat dabei. Für diese lange Zeit und das Aushalten mit allen Höhen und Tiefen sage ich allen meinen herzlichen Dank. Ich glaube, dass sich im Laufe der Zeit der Politikstil geändert hat, das zeigt auch meine Erfahrung der letzten Jahre. Die Leute wollen keine Grabenkämpfe oder Anfeindungen, sondern die meisten wollen, dass gemeinsam zum Wohl der Kommune gearbeitet wird. Dabei ist Vertrauen eine wichtige Komponente, auch dem politischen „Gegner“ gegenüber. Einigen, die dies noch nicht verstanden haben, wurde dies mit der vergangenen Wahl sehr deutlich gemacht.

Diesmal wurde nur eine einzige Frau den Gemeinderat gewählt, die WG hat keine reingebracht. Woran liegt die geringe Frauenquote?

Es ist sehr schade, dass so wenige Frauen in der Kommunalpolitik vertreten sind. Das sieht man auch im Landkreis, es gibt nur eine einzige Bürgermeisterin bei 38 Kommunen. Es wurden auch von der WG viele Frauen für den Gemeinderat angefragt, hier soll ja die gesamte Gemeinde vertreten werden. Gerne hätten wir mehr Kandidatinnen gestellt. Für so ein Amt braucht man den Rückhalt der Familie, egal ob Mann oder Frau. Alte Rollenbilder sind nicht mehr zeitgemäß. Ich finde das wirklich traurig.

Die Besetzung der stellvertretenden Bürgermeisterposten soll laut Gemeindesatzung den Wählerwillen widerspiegeln. Die CSU hat sich in der Vergangenheit nicht an diese Empfehlung gehalten. Wird die WG diese Posten nun auch mit eigenen Leuten besetzen?

Ich bin der Meinung, dass die Besetzung der stellvertretenden Bürgermeister dem Wählerwillen gerecht werden soll. Das zeugt von demokratischem Grundverständnis. Die bisher angewendete Praxis „Wir sind die stärksten, und den anderen zeigen wir schon, wo es hingeht“ ist mit mir nicht zu machen, alle Gewählten sollen sich zum Wohl der Gemeinde Thyrnau einbringen können. Die WG ist keine herrschende Gruppierung, uns geht es um gute Zusammenarbeit. Die erreicht man durch das Einbinden aller Gewählten und die Verteilung der Aufgaben auf mehrere Schultern. 

Ein ehemaliger Gemeinderat unkte vor der Wahl und meinte: „Die Wahlen hier werden in Thyrnau gewonnen!“, weil dieser der größere Gemeindeteil sei. Stimmt diese Behauptung?

Ja es stimmt, nur mit Stimmen aus dem Kellberger Bereich könnte keiner eine Wahl gewinnen. Aber es ist mittlerweile gottlob kein Unterschied mehr, woher jemand kommt – wir sind eine Gemeinde. Die Briefwahl begünstigt dies noch, da kein Rückschluss mehr darauf gezogen werden kann, welcher örtliche Wahlbezirk welchen Kandidaten wählt. Das ist aus der Briefwahl nicht ersichtlich.

Thyrnauer sind weniger im Gemeinderat als Kellberger. Welche Auswirkungen wird das haben?

Ich bestehe darauf, dass das keine Auswirkungen hat. Es darf keinen Unterschied zwischen den Ortsteilen geben. In den letzten Jahren sind Gemeindeteile noch mehr gleichwertig zusammengewachsen, darüber freue ich mich. Ich hoffe auch auf die Weitsicht der Gemeinderäte. Das Wahlergebnis zeigt, dass von der Wählerschaft Persönlichkeiten gewählt wurden, keine Ortsteile. Gestalten statt spalten heißt die Devise. 

Die WG und Du haben auf die Jungen gesetzt, auch wenn noch wenige gewählt wurden. Wie siehst Du die Zukunft?

Es muss immerwährend ein Generationenwechsel stattfinden, anders geht es nicht weiter. Wir hatten viele gute junge Kandidaten, von denen zu wenige im Gemeinderat angekommen sind. In der Wahlzeit habe ich mich besonders gefreut, dass unsere „Jungen“ so aktiv und ohne Drängen zur WG gekommen sind. Ich war fasziniert von der Dynamik, von dem Schwung und den guten Ideen. Es ist toll, wenn sich die Jugend beteiligt und Verantwortung übernimmt. Der Gemeinderat soll ein Abbild der Bevölkerung sein, da gehört neben den Frauen auch die Jugend hinein. Unsere Jugend ist die Zukunft, und wenn diese „Coronazeit“ vorbei ist, werden wir auch weiterhin in Verbindung bleiben, das ist mein großer Wunsch.

Was möchtest Du sonst noch sagen?

Herzlichen Dank für Eure Unterstützung und für die wertvolle Arbeit in der Gemeinde. Der Zusammenhalt in unserer WG war gigantisch, Jung und Alt waren eins. Die gemeinsame kreative und engagierte Arbeit war ein Traum. Ich wollte mich nach der Wahl nochmal persönlich und herzlich bei allen bedanken. Die besonderen Umstände in dieser Zeit haben das nicht mehr zugelassen. Sobald es geht, werde ich dies umso herzlicher nachholen.  Danke!

Das Interview führte Dionys Asenkerschbaumer